Platon über Befreiung von Sklaven
Allgemeines
- Traditionsquelle
- Platon’s Werken wird ein hoher Quellenwert zugewiesen
- Ausschnitt aus “Nomoi”, Platon, 5-4. Jh. v. Chr., Attika
- klassischer Platon’scher Dialog zwischen 3 Personen, einem unbenannten Athener, der vielleicht für Platon selbst oder seinen Lehrer Sokrates steht, Megillos aus Sparta und Kleinias aus Kreta
- Inhalt der “Nomoi”: die drei Figuren sprechen darüber, wie ein idealer Staat aussehen würde
- keine Darstellung, Quelle
Die Traditionsquelle Q1 ist ein Ausschnitt aus Platons “Nomoi” (Gesetze). Das Werk ist ein Dialog zwischen einem unbenannten Athener, der vielleicht für Platon selbst oder seinen Lehrer Sokrates steht, Megillos aus Sparta und Kleinias aus Kreta. Die drei Figuren führen ein Gespräch darüber, wie ein idealer Staat aufgebaut wäre. In dem Ausschnitt geht es darum, wann die Befreiung von Sklaven legitim sei. Bei dem Text handelt sich um einen Dialog, wie er für Platon typisch ist. Der genaue Entstehungszeitpunkt ist unbekannt, aber dieser liegt zwischen dem 5. und 4. Jh. v. Chr.
Wie bereits erwähnt entstand die Quelle in Attika zur Hochzeit der dortigen Demokratie. Aufgrund einer gesellschaftlichen Krise im 6. Jahrhundert v. Chr., durch die viele ärmere Bürger in Schuldknechtschaft fielen, führte Solon dort 594 v. Chr. eine erste Demokratie ein und erließ Schulden, wodurch sich das Problem legte. Trotzdem gab es weiterhin vier nach Vermögen eingeteilte Klassen. Hierbei konnte das höchste Amt nur von der obersten Klasse ausgeführt werden und untere Schichten hatten weniger Mitspracherecht, weshalb der Adel weiterhin viel Macht besaß. Nachdem Peisistratos zwischendurch die Macht ergriff und eine Tyrannis etablierte, welche von den meisten Bürgern übrigens nicht als schlecht angesehen wurde, brachte Kleisthenes um 510 v. Chr. neue Reformen. Das Ziel hier war, die Macht des Adels zu verringern und Konflikte zwischen sozialen Gruppen zu minimieren. Dazu etablierte Kleisthenes eine neue Einteilung Attikas und erlaubte auch niedrigeren Klassen sich mehr einzubringen. Damit löste er die beiden Hauptprobleme der Solonischen Demokratie. Wichtig zu erwähnen ist aber, dass keiner der reformierten Staaten Sklaverei verurteilte.
Hier stellt sich nun die Frage, ob es sich nach Platon bei der Sklaverei im antiken Griechenland um ein veränderbares Schicksal handelt.
Im Text geht es ja darum, unter welchen Bedingungen Sklaven befreit werden können. Platon beginnt damit, dass Besitzer immer das Recht haben sollten, über entlaufene Sklaven zu richten und diese einzusperren. Weiterhin sollen Dritte entlaufene Sklaven fangen können und Besitzer sollten „überhaupt mit [ihren Sklaven] machen, was [sie wollen] soweit es sittlich zulässig ist“. Er stellt Bedingungen, unter welchen Sklaven befreit werden können: „ein wirkliches Recht zu einem solchen Versuche soll jener doch nur dann haben, wenn er drei zuverlässige Bürgen gestellt hat, dass der Abführende keinen Anspruch auf den zu Befreienden habe“; ansonsten sei es »gewalttätige Eigentumsverletzung«.
Allerdings stellt Platon auch Bedingungen, welche der Freigelassene erfüllen muss: „einen Freigelassenen soll man gefangen setzen dürfen, falls er seinem Freilasser gar keine oder doch nicht die gehörigen Ehren erweist“. Dazu zählt, sich dreimal im Monat zum Freilasser zu begeben und diesem seine Dienste zu erweisen. Des Weiteren ist es dem Freigelassenen nicht gestattet, „reicher als [seinen Befreier] zu werden, sondern was er mehr erwirbt soll er an [diesen] abliefern“. Außerdem bleiben Freigelassene Fremde und besitzen keine Bürgerrechte, sollen sich „nicht länger als zwanzig Jahre sich im Staate aufhalten dürfen“ und dürfen die Vermögensgrenze zur 2. Klasse nicht übertreten. Sollte dies passieren, muss dieser das Land binnen 30 Tagen verlassen oder wird „mit dem Tode bestraft und sein Vermögen [wird] für den Staatsschatz eingezogen“.
Es fällt auf, dass Platon die klassische Position für Sklaverei vertritt. Er erwähnt, dass Sklaven “sittlich” behandelt werden sollten, aber auch, dass Besitzer absolute Macht über ihre Sklaven haben sollten. Die Befreiung ist hier auch nur ein Prozess, der großteils zugunsten des Befreiers und zugunsten des Staates / der Polis passiert.
Um abschließend die Problemfrage zu beantworten: Anhand Platons Schilderung ist es klar, dass Sklaverei eher ein unveränderbares Schicksal ist. Obwohl er Befreiung als möglich erklärt, stehen dahinter sehr spezifische Bedingungen und Freigelassene haben weiterhin wenig bis keine Rechte und sogar Pflichten gegenüber ihrer Befreier.